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Das ist der #DigitalCheckNRW

Der #DigitalCheckNRW ist ein Herzensprojekt der Landesregierung in NRW. Ziel ist es, digitale Teilhabe für alle Bürger*innen zu ermöglichen.

Über den Check könnt Ihr eure eigene Medienkompetenz prüfen und durch passendes Weiterbildungsangebot noch vorhandene Lücken schließen.

Leichte Sprache

Radikalisierung im Netz

- das Wichtigste auf einen Blick

Was meint „Radikalisierung im Netz“?

Radikalisierung meint den Prozess einer immer stärker wachsenden extremen Meinung zu einem Thema, das z.B. politischen oder religiösen Ursprungs sein kann. Dieser Prozess ist sehr komplex, sodass viele verschiedene Aspekte und Einflüsse dazu führen können, dass sich jemand von extremistischen Ideologien beeinflussen lässt, sich immer weiter darauf fokussiert und andere von seinen Ansichten überzeugen will. Wer sich beispielsweise im Kreise der Familie, unter Freund*innen oder im weiteren Umfeld nicht gesehen oder verstanden fühlt, sozial isoliert oder psychisch belastet ist, wer eine Identitätskrise durchlebt oder Anerkennung sucht, ist grundsätzlich etwas mehr gefährdet, extreme oder radikale Ansichten anzunehmen und diese dann auch mit anderen teilen zu wollen. Politische und gesellschaftliche Spannungen können bestehende Unsicherheiten einer Person oder Personengruppe besonders intensiv verstärken. Insbesondere Jugendliche, die noch dabei sind, ihre eigenen Ansichten und Charakterzüge zu formen, lassen sich schnell von vermeintlich einfachen Erklärungen für komplexe Probleme überzeugen. Doch Radikalisierung findet genauso auch bei Erwachsenen statt. [1]

Es gibt noch viele weitere Faktoren und Beschleuniger, die zu politischer, religiöser oder ideologischer Radikalisierung führen können. Einer davon ist die Kommunikation über Social Media, Messenger-Dienste, Foren oder Online-Spiele mit ähnlich denkenden Menschen und die Konfrontation mit ihren Feindbildern. Die Feindbilder können ganz unterschiedlich sein und sich z. B. auf Personen bestimmter Herkunft, Religion, sexueller Orientierung oder auf Menschen eines bestimmten Geschlechts beziehen. Da das Internet allen Menschen eine Bühne bietet, sich zu zeigen und ihre Meinungen kundzutun, gibt es dort auch viel Spielraum, um von anderen beobachtet, verurteilt oder diskriminiert zu werden. Gleichzeitig bietet die Anonymität im Internet radikal denkenden Menschen viele Möglichkeiten, um Hassbotschaften zu verbreiten, andere auf ihre Seite zu ziehen und sich zu ihrem Weltbild zu informieren.

Welche Rolle spielen digitale Medien bei Radikalisierung?

Bildung von „Filterblasen“

Soziale Medien wie Facebook, Instagram, X oder TikTok bieten eine Plattform, die es Nutzenden ermöglicht, sich mit anderen zu verbinden, Informationen zu teilen und Meinungen auszutauschen. Doch die Algorithmen dieser Plattformen, sozusagen das Regelwerk, nach dem bestimmt wird, welche der Milliarden Beiträge den Nutzer*innen angezeigt werden, filtern Informationen und spielen sie vermehrt Accounts und Personen zu. Wer also ähnliche Inhalte bereits angeschaut oder durch Likes und Kommentare darauf reagiert hat, bekommt erneut Beiträge in diese Richtung angezeigt. Als nutzende Person befindest du dich auf den Plattformen damit schnell in „Filterblasen“, die dir nur ausgewählte Inhalte anzeigen. Andere Themen, Meinungen oder Einstellungen werden dann nur noch selten in der eigenen „Social-Media-Filterblase“ wahrgenommen und die Vielfalt an weiteren Themen geht verloren.

Der Einfluss von „Echokammern“

Menschen mit ähnlichen Interessen zusammenzubringen, ist erst einmal unkritisch, wenn es z. B. darum geht sich über gemeinsame Interessen und Hobbys auszutauschen. Diese Austauschmöglichkeit ist ja sogar ein Vorteil, den soziale Medien bieten. Nun stell dir aber vor, du bist in einem Raum voller Menschen, die alle die gleiche Meinung haben wie du. Du hörst nur ihre Gedanken und Ideen und bekommst kaum andere Perspektiven mit. Die Ansichten der Menschen in diesem Raum hallen wie ein Echo von den Wänden zurück und das schränkt deinen Blick auf die Welt ein, weil du weniger mit unterschiedlichen Meinungen oder Informationen konfrontiert wirst. In sozialen Medien bezeichnet man dieses Phänomen als „Echokammer“.

Diese Echokammern können dazu führen, dass Menschen sich stärker in ihren Überzeugungen verankern und weniger offen für andere Sichtweisen sind. Für Menschen, die sich für extremistische Inhalte interessieren, kann das eine gefährliche Spirale sein, durch die ihre Weltanschauung zunehmend verzerrt wird. 

 

Auf einen Blick: Digitale Medien als Beschleuniger von Radikalisierung

1. Algorithmen in sozialen Medien fördern die Bildung von Filterblasen und Echokammern, in denen sich ähnlich denkende Menschen austauschen und ihre Ansichten gegenseitig immer mehr verstärken. [2] 

4. Chatgruppen in Online-Spielen verdienen dabei ein besonderes Augenmerk: Die Spieler*innen erleben durch das Spielen im Team eine besondere Gruppenzugehörigkeit und eine enge Gemeinschaft, selbst wenn sie sich nicht persönlich kennen. Einer Gruppe angehören zu wollen, ist ein starker Faktor, um radikale Ansichten der Gruppenmitglieder weiter zu verbreiten und weniger zu hinterfragen. Derartige Austauschgruppen bringen also ein erhöhtes Potenzial für mögliche Radikalisierungen mit. Bereits radikalisierte Personen suchen sich auch gerne bestehende Gruppen, um diese für sich zu gewinnen. [3] 

2. Anonymität: Im Netz sind Nutzer*innen oft durch selbst gewählte Benutzer*innennamen  (Pseudonyme) nicht persönlich erkennbar, was die Hemmschwelle für radikale Äußerungen senkt. Diese Anonymität fördert die Ausbreitung von Hassreden, rassistischen Kommentaren und extremistischen Äußerungen.

5. Messenger-Dienste wie WhatsApp, Telegram oder Signal bieten eine noch privatere Form der Kommunikation zwischen zwei Personen oder in Gruppen. Dies wird von radikalen Gruppen zunehmend genutzt, um sich regelmäßig auszutauschen und Inhalte zu teilen, von denen sie genau wissen, dass sie gesellschaftlich für Aufsehen sorgen oder für die sie sogar rechtlich belangt werden können (z. B. hetzende Inhalte oder rechtsradikale Gewaltfantasien).

3. Radikale Gruppen nutzen das Wissen, um die schnelle Verbreitung ihrer Ansichten und Verschwörungstheorien in sozialen Netzwerken gezielt zu verbreiten, ihre Reichweite zu erhöhen und neue Anhänger*innen zu beeinflussen. Indem sie zum Beispiel provokante oder emotional aufgeladene Inhalte posten, können sie die Aufmerksamkeit der Nutzenden gewinnen und diese in ihre radikale Ideologie hineinziehen.

Die Macht von Algorithmen und denen, die sie erschaffen:

Algorithmen bei Plattformen wie X (ehemals Twitter) oder Meta (Facebook, Instagram) können die Radikalisierung von Personen auf verschiedene Weise beeinflussen. Wie bereits beschrieben, wird in sozialen Medien oftmals das Nutzungsverhalten der Nutzer*innen analysiert, sodass diese Beiträge zu sehen bekommen, die auf sie persönlich zugeschnitten sind oder besonders gerne von Menschen in ihrem Umfeld gelesen werden. Dadurch entstehen die bereits beschriebenen Filterblasen und Echokammern. Bei Plattformen wie X, Meta und Instagram kommt hinzu, dass sie sehr mächtigen und reichen Personen gehören, die diese Algorithmen zusätzlich steuern können,  z. B. um Beiträge, die ihrer politischen Meinung entsprechen, an höhere Stelle zu setzen. 

Hier sind also einzelne Mensch fähig, die Diskussion der ganzen Gesellschaft für ihre Zwecke zu verschieben. [4]

Auf diese Faktoren kannst du in deinem Umfeld achten, um zunehmende Radikalisierung zu erkennen:

Interesse an extremistischen Inhalten: Personen, die Gefahr laufen, radikalisiert zu werden, schauen sich zunehmend Inhalte an, die ihre eigenen Überzeugungen bestätigen und andere Sichtweisen ablehnen. Dieses gestiegene Interesse lässt sich oft von außen erkennen, wenn man genauer darauf achtet.

Veränderungen im Verhalten und in der Sprache: Radikalisierte Personen sprechen oft in absoluten Sätzen, in denen sie voller Überzeugung etwas behaupten. Etwas ist entweder völlig richtig oder völlig falsch, aber dazwischen gibt es kaum Abstufungen. Dadurch schleichen sich viele einseitige, verallgemeinerte oder feindselige Aussagen ein. Überspitzte, feindselige und abwertende Aussagen sowie stark emotionalisierte Aussagen können ein Zeichen für extremistische Sprache sein. Verschiedene Perspektiven auf das Thema anzusprechen, kann dabei helfen, dass die Gegenseite differenzierter darüber nachdenkt.

Isolation und Ablehnung von bestehenden Beziehungen: Wer sich viel mit und in ideologisch gleichgesinnten Gruppen bewegt, neigt dazu, sich von Personen mit einer anderen Meinung abzuwenden.Wenn dabei z. B. langjährige Freundschaften oder familiäre Beziehungen auf’s Spiel gesetzt werden, könnte dies ein Zeichen sein, dass die extreme Position bereits stark ausgeprägt ist.

Neigung zu Verschwörungserzählungen: Menschen, die beginnen, an Verschwörungen zu glauben, sind häufig empfänglicher für radikale Ideologien. Sie beginnen, die Welt in schwarz-weiß Kategorien zu sehen und erkennen keine Graubereiche mehr. Wie bereits beschrieben, kann dies am Sprachstil erkannt werden, aber auch daran, wovon sie inhaltlich erzählen.

Verherrlichung von Gewalt: Personen, die in extremistische Strömungen geraten, neigen dazu, Gewalt als mögliches Mittel zur Erreichung ihrer Ziele zu sehen. In extremistischen Online-Foren finden sich dazu Beiträge, die Gewalt gegen bestimmte Gruppen oder Institutionen rechtfertigen oder fordern. Wenn diese auch im öffentlichen Rahmen gefordert werden, z. B. als Kommentar auf einer Social-Media-Plattform, dann ist die Radikalisierung vermutlich schon weit fortgeschritten.

Hasserfüllte Inhalte: Der Umgangston im Netz verschärft sich immer weiter, zu dem Schluss kommt auch die Studie „Lauter Hass, leiser Rückzug“ (2024) von Teilen des „Kompetenznetzwerkes gegen Hass im Netz”. Die Anonymität und die fortschreitenden Akzeptanz von radikalen Aussagen, Bildern und Symbolen sind nur ein paar Gründe für die „Hatespeech-Kultur“ (engl. Hassrede) auf sozialen Netzwerken. Aber: Hasserfüllte Nachrichten sind nicht „normal“ und es ist wichtig, genauer hinzuschauen, wenn diese gehäuft vorkommen. [5]

 

Stärke deine Medienkompetenz und lerne, wie du Hass und radikalen Inhalten im Netz begegnen kannst.

Beratungsstellen und weitere Links

 

Beratungsstelle Radikalisierung

https://www.beratungsstelle-radikalisierung.de/DE/Startseite/startseite_node.html

 

Wegweiser Nordrhein-Westfalen – Stark ohne islamistischen Extremismus

https://wegweiser.nrw.de/

 

Bundesverband RIAS e.V. - Bundesverband der Recherche- und Informationsstellen Antisemitismus e.V.

https://report-antisemitism.de/bundesverband-rias/

 

EXIT Deutschland - Ausstiegshilfe Rechtsextremismus

https://www.exit-deutschland.de/start/

 

ufuq.de - Pädagogik zwischen Islam, Islamfeindlichkeit und Islamismus.

https://www.ufuq.de/

 

WEISSER RING - Unterstützung von Kriminalitätsopfern

https://weisser-ring.de/

 

Violence Prevention Network

https://violence-prevention-network.de/ausstieg-2020/

 

Nummer gegen Kummer e.V. - Beratung für Kinder, Jugendliche und Eltern

116 111 (Mo-Sa von 14-20 Uhr)

https://www.nummergegenkummer.de/

 

6 Tipps für richtiges Verhalten bei Radikalisierung

https://www.zivile-helden.de/radikalisierung/6-tipps-fuer-richtiges-verhalten-bei-radikalisierung/

Stand: 19.02.2025